Neulich sah ich auf der Empfangstheke eines Dienstleisters einen Stapel Visitenkarten, der mir wegen seines ziemlich großen Facebook-Logos auffiel. Es nahm etwa die Hälfte der Karte ein und wurde ähnlich auffällig von der Aufforderung unterstützt, man solle das Unternehmen doch auf seiner Facebook-Seite besuchen, die entsprechende Adresse stand dahinter. Die Postanschrift sowie die Adresse der eigenen Internetseite fristeten ihr Dasein an der untersten Kante. Das hatte ich überhaupt erst auf den zweiten Blick bemerkt. Da wollte also jemand auf einer Visitenkarte bewusst die Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Facebook-Seite lenken.

Warum dieser Dienstleister das so umsetzt, ist eine strategische Frage. Für mich war das Anlass zu der weiterführenden Überlegung, wie es wohl wäre, wenn Unternehmen erst gar keine eigene Webseite mehr betreiben. Kann eine Facebook-Seite eine Homepage für ein Unternehmen ersetzen?

Struktur und Gestaltung einer Facebook-Seite versus Homepage

Die firmeneigene Homepage basiert auf einer statischen oder dynamischen Seite mit eigenem Domain-Namen wie bambule.de. Sie ist im besten Fall übersichtlich strukturiert, informiert über das Unternehmen und ist durch ein Menü in Themen gegliedert. Die Themen stehen dem Interessenten und Kunden jederzeit zur Verfügung. Sowohl Gewichtung und Umfang von Themen als auch die Einteilung der Menüstruktur und Unterpunkte sind so frei wählbar, wie individuell nötig und gewünscht.

Die Facebook-Unternehmensseite (Fan-Page) unterliegt einer definierten Struktur. Zwar besteht die Möglichkeit, eine Wahl über die Art der Seite beim Einrichten zu treffen, aber im Großen und Ganzen ist die Struktur aller Seiten sehr ähnlich und von Facebook für Unternehmen vorgegeben. Es spielt also für die Gestaltbarkeit nur eine geringfügige Rolle, ob eine Seite als Lokales Unternehmen oder als Produkt bzw. Marke eingerichtet wird. Profil- und Titelbild haben eine einheitliche Größe an derselben Stelle, die Aufteilung der gesamten Seite ist immer gleich. Menüpunkte wie „Startseite“, „Info“, „Beiträge“, „Fotos“ und so weiter sind vorgegeben, sofern inhaltlich vorhanden. Die Wahl besteht im Wesentlichen aus Weglassen. Das betrifft wiederum nicht die Schaltflächen „Gefällt mir“, „Abonnieren“ und „Teilen“ als Aktionsmöglichkeiten für den Nutzer. Diese sind immer Bestandteil der Seite.

Die wenigen Möglichkeiten bei der Gestaltung einer Facebook-Page stellen ein Problem dar. Das betrifft die Struktur mit gleichen Größen, Formen und Anordnungen gleichermaßen wie Farben. Das eigene Corporate Design (CD) lässt sich kaum auf einer Facebook-Seite abbilden. Jede Unternehmensseite unterliegt dort dem CD von Facebook. Im Gegensatz dazu besteht mit der eigenen Internetseite die volle Kontrolle darüber. Und nicht nur darüber: letztendlich ist die eigene Homepage unabhängiger von anderen Unternehmen, sie wird entweder bei einem frei wählbaren Webhoster oder auf firmeneigenen Webservern betrieben. Dagegen ist Facebook die Social-Media-Plattform eines privatwirtschaftlichen Betreibers. Jedes Unternehmen unterliegt mit der Nutzung den AGB von Facebook sowie allen Änderungen an der Plattform oder dem Algorithmus. Auch, wenn etwas neu eingeführt wird, was man nicht möchte. Das muss natürlich nicht so kommen, sollte aber auf jeden Fall berücksichtigt werden, wenn man sich die Frage stellt, ob Facebook die Homepage ersetzen kann.

Mit einem kleinen Beispiel aus dem Alltag möchte ich kurz verdeutlichen, was die Abhängigkeit von der Struktur eines sozialen Netzwerkes bedeuten kann. Ein Kunde ruft uns an und beklagt sich darüber, dass auf „seiner“ Facebook-Seite das Logo und der Name seines größten Konkurrenten steht. Er fragt, wie das da hin kommt und ob wir das entfernen könnten. Es stellte sich heraus, dass unter der Rubrik „Den Personen gefallen ebenfalls“ einige Firmen auftauchten, die Likes von denselben Personen erhielten, die auch unserem Kunden ein Gefällt-mir hinterlassen hatten. Das ist eine vom Algorithmus automatisch erzeugte Darstellung, die den Nutzern möglichst relevante Vorschläge macht, was ihnen noch gefallen könnte. Etwa wie „Kunden, die dieses Buch kauften, kauften auch jenes“. Die Antwort auf die Frage unseres Kunden lautete also leider: Das kommt da automatisch hin und nein, das können wir nicht entfernen.

Content auf einer Webseite und in Facebook-Posts

Während die firmeneigene Webseite meist umfassend über das Unternehmen informiert, kommt der Informationswert bei Facebook eher zu kurz. Ausführliche Texte werden dort auf der Infoseite kaum gelesen und sind daher auch selten zu finden. Auf der eigenen Homepage lassen sich komplexe Inhalte deutlich besser darstellen: von der Firmenphilosophie über die Produkt- oder Dienstleistungspalette über ausführliche Informationen zu einzelnen Produkten oder zu Mitarbeitern, ganze Mitarbeiterportraits und der Unternehmensstruktur.

Viele auch kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) nutzen die eigene Internetseite für die Personalsuche. Die Möglichkeit eine Stellenanzeige zu posten gibt es aber auch bei Facebook. Auf den ersten Blick erscheint es nützlich, weil einige der Abonnenten des Unternehmens den Post in Ihrem Newsfeed zu sehen bekommen. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass der Algorithmus von Facebook nur einen geringen Anteil der Abonnenten damit versorgt. Hinzu kommt, dass das Stellenangebot nur für kurze Zeit sichtbar ist, da weitere neuere Posts nachrücken. Das betrifft natürlich alle Posts, die ein Unternehmen bei Facebook veröffentlicht. Ich empfehle, Facebook-Posts mit Stellengeboten immer auf die Unternehmens-Homepage zu verlinken, da der Personalbereich dort dazu dient, zusätzliche relevante Informationen wie zum Beispiel zum firmenspezifischen Bewerbungsprozess anzubieten.

Weitere wichtige Inhalte auf Internetseiten von Unternehmen sind aktuelle Meldungen. Das reicht von der Presseinformation über Hinweise auf die Präsenz bei bevorstehenden Messen oder Kongressen bis zu Neuigkeiten jeglicher Art. Immer häufiger erstellen KMU auch ein firmeneigenes Blog, das regelmäßig mit Artikeln zu für den Kunden und Interessenten relevanten Themen gefüllt wird. Solche Inhalte sind wiederum für Facebook wie gemacht. Aktuelles, Hinweise, interessante Artikel, Fotos, Neuigkeiten und so weiter eignen sich hervorragend für einen Facebook-Post, der im Newsfeed der Abonnenten ausgespielt wird.

Nutzungsverhalten der Kunden und Interessenten

Wie werden Homepage und Facebook-Seite von Kunden und Interessenten genutzt und inwieweit hat das Einfluss auf die Entscheidung, auf die eigene Webseite zu verzichten? Facebook ist eine Social-Media-Plattform. Das für soziale Medien Typische besteht darin, dass Kunden dort auch mit Unternehmen in direkten Kontakt treten. Mit den bereits erwähnten Aktions-Buttons kann jeder im sozialen Netzwerk registrierte Nutzer die Nachrichten von Unternehmen abonnieren. Abonnenten können die im Newsfeed erscheinenden Posts liken und kommentieren. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, über die Unternehmens-Page direkte Nachrichten an das Unternehmen zu senden und, sofern zugelassen, Besucherbeiträge zu verfassen oder eine Bewertung abzugeben.

Der Fokus bei Facebook liegt folglich darin, dass Kunden und Interessenten mit Unternehmen kommunizieren. Aus der von Facebook bereitgestellten Struktur ergibt sich automatisch, dass immer wieder neue Inhalte von Unternehmen erstellt werden müssen, um sichtbar zu bleiben. Der Content sollte einen Nutzen für die Interessenten haben, damit darüber gesprochen wird und Interaktion stattfindet.

Die Homepage dient der Unternehmensdarstellung. Die Informationen auf einer Webseite sind in der Regel auf einen deutlich längeren Bestand ausgelegt, als Facebook-Posts. Das ist nicht nur für Bewerber nützlich, sondern auch für Interessenten, die ausführlichere Informationen suchen, zum Beispiel bevor sie ein Unternehmen beauftragen oder Kontakt damit aufnehmen. In einem separaten oder angegliederten Shop-System kann der Kunde außerdem direkt Produkte kaufen. Zwar können Kunden auf der Homepage vor allem im firmeneigenen Blog oder News-Bereich oft auch Kommentare hinterlassen. Anders als bei Facebook wird das allerdings mittlerweile nicht mehr so oft genutzt, und meist findet keine direkte Kommunikation untereinander statt.

Information und Interaktion – auf beides kommt es an

Bisher habe ich grundlegende Unterschiede zwischen Homepage und Facebook-Seite beschrieben. Während es inhaltlich noch Überschneidungen gibt, unterscheiden sich die beiden Online-Kanäle vor allem in Struktur und Gestaltung sowie im Nutzungsverhalten der Kunden. Die firmeneigene Homepage liefert in erster Linie umfassende Informationen, die Interessenten sich vor einem Kauf, einer Beauftragung oder einer Bewerbung dort einholen. Die Facebook-Seite des Unternehmens stellt die Interaktion mit Kunden in den Vordergrund. Damit erfüllen Webseite und Facebook-Page schlicht unterschiedliche Aufgaben. Daher denke ich, dass eine Facebook-Seite eine Homepage nicht ersetzen kann. Auch die Abhängigkeit von Facebook ist ein nicht zu unterschätzendes Risiko, welches für mich gegen eine ausschließliche Facebook-Unternehmensseite spricht. Innerhalb einer Kommunikationsstrategie können sich beide Online-Kanäle jedoch sehr gut ergänzen.

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